" Der Schlüssel" bewegt nicht nur die Komotauer

Die Romanbiografie im Spiegel der Presse

Die Romanbiografie des Komotauer Autors Gert Schrötter bewegt nicht nur heimatvertriebene Komotauer, sondern auch Leser und Kritiker, die nicht aus Böhmen stammen. Über "Der Schlüssel", zu beziehen beim Preussler- Verlag (Dagmarstraße 8- 90482 Nürnberg, Tel. 0911- 954780) und in allen Buchhandlungen, stand jetzt auch eine Kritik in der "Sudetendeutschen Zeitung". Unter der Überschrift "Schicksal in Nordböhmen- Chiffre für Millionen" ist zu lesen:

Im Nachlaß seiner Mutter findet Andreas einen schweren Schlüssel, gegriffen in Todesangst an einem heißen Julitag des Jahres 1945, als die Familie, zusammen mit allen Nachbarn, aus dem Haus gejagt wird.

Diesen Schlüssel, der wohl heute noch zur Haustür der Kantstraße 13    im nordböhmischen Komotau passen würde, hat Andreas einschließen lassen in einen kleinen kantigen Block aus glasklarer Plastk. Angesichts dieses Schlüssels öffnet sich Andreas, das Alter Ego des Autors, das Tor zu Kindheit und Jugend in der eher idyllischen Kleinstadt am Fuße des Erzgebirges.

Mit einem geradezu leidenschaftlichen Faible fürs Detail entsteht in dieser Romanbiografie das Bild einer Landschaft, einer Stadt, von Familie und Freunden- von Heimat. Man wird, selbst nicht aus Böhmen stammend, Seite für Seite hineingezogen in diese Geschichte, kann nicht loslassen, erlebt mit, was Andreas erzählt.

Auch von seiner großen- seiner ersten- LIebe zu Lea, dem Flüchtlingsmädchen aus Schlesien, das plötzlich in der Stadt auftaucht und nach ein paar Wochen wieder spurlos aus dem Leben von Andreas verschwindet. Wie das geschrieben ist, erzeugt es eine Unmittelbarkeit so, als würde der Autor neben einem sitzen und sich seine Geschichte von der Seele reden.

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Jahre in den Zweiten Weltkrieg hinein bleibt diese Oase scheinbaren Friedens erhalten, bis auch sie, wie ganz Nordböhmen, langsam erst, dann immer schneller ins Chaos gestürzt wird, die Menschen, sofern sie Deutsche sind, sich Haß und grenzenloser Gewalt chancenlos ausgeliefert sehen. Andreas erlebt und überlebt den Todesmarsch der gesamten männlichen Bevölkerung seiner Stadt zwischen 13 und 65 Jahren, die sich zunächst auf tschechischen Befehl auf dem Sportplatz einfinden muß. Nach einem Massaker dort werden die Tausende hinaufgetrieben ins Gebirge zur tschechisch- sächsischen Grenze.

Der Plan, die Männer einfach den Russen zu übergeben, scheitert. Es folgen Lagerhaft, schwerste Zwangsarbeit, Hunger, Prügel, Todesangst. Andreas, seine Freunde- der Vater wird schwerkrank entlassen- halten das aus, ziehen die kahlgeschorenen Köpfe ein.

Als kein Ende abzusehen ist des Vegetierns in den Baracken, hinter Stacheldraht, der Schinderei im Werk, dem Gebrüll der Kapos, als die Eltern längst vertrieben sind nach Irgendwo, die Heimat keine Heimat mehr ist, reift der lebensgefährliche Plan zur Flucht mit den engsten Freunden. Sie gelingt auf wunderbare Weise. Das alles wird spannend erzählt bis zuletzt, geht unter die Haut. Da schreibt einer nicht nur als Zeitzeuge, sondern einer, der als Reporter und Fotograf gelernt hat, genau hinzusehen, dem sich Bilder ins Gedächtnis gebrannt haben, der aber auch umzugehen weiß mit der deutschen Sprache in Stil und Ausdruck.

Das Schicksal von Andreas und seiner Familie ist Chiffre für Millionen, die sich nach dem Krieg Frieden erhofften, doch für eine Schuld büßen mußten, die sie nie auf sich geladen hatten.

Karin Albrecht

Soweit die Sudetendeutsche Zeitung. Das Buch, ein Stück Komotau, ist nicht allein eine Reise zurück in die Unversehrtheit von Stadt und Heimat, sondern enthält auch Kapitel, die Leserinnen und Leser nicht schlafen zu lassen. Insgesamt nicht nur Lektüre für direkt Betroffene, vielmehr auch für Nachkommen, für Verwandte und Freunde. Wer "Der Schlüssel" direkt kaufen oder bestellen will, die Daten: Gert Schrötter "Der Schlüssel" - Universitas Verlag, München; 325 Seiten, Euro 19,90 (ISBN 3-8004-1459-7).