K.Brünnler - Predigt - 13.7.2014

Liebe Komotauer Landsleute, liebe Brüder und Schwestern im Herrn, wieder haben wir uns zur Wallfahrt nach Quinau aufgemacht. Wieder sind wir in die vertraute Kirche eingetreten wie in ein heimatliches Zuhause. Schöner als vor Jahren finden wir jetzt unsere Wallfahrtskirche vor. Wir hoffen, dass wir sie in vollendeter Schönheit noch erleben werden.

Tatsächlich hat eine Marienwallfahrt etwas Anheimelndes, etwas Liebliches, etwas Geborgenheit Gebendes. Es kann auch nicht anders sein, denn es ist eine Wallfahrt zur Mutter des Herrn, zur Mutter der Kirche, zu unserer himmlischen Mutter. Auch im höheren Alter fühlen wir uns bei der Gottesmutter als Kinder. Wir schämen uns nicht, zu singen und zu beten: „Wir Kinder Evas schrein zu dir... aus Tod und Elend rufen wir: … (NGL 536): Maria, hilf uns allen aus unsrer tiefen Not.“ (NGL 524)

Gewiss scheint es, dass solche Gebetsworte in den Marienliedern nicht mehr zeitgemäß sind. Wir sind heute nicht mehr in solchen Nöten wie in unserer Kinderzeit, in der unsere Väter im Krieg fielen, in der der Tod durch Bombardierung drohte, in der die Nahrungsversorgung immer knapper wurde und in der wir schließlich als rechtlose Menschen Schikanen ausgeliefert waren und aus der Heimat gewiesen wurden. Gott sei Dank, dass diese Nöte vorüber sind. Sind deshalb aber die Wallfahrten mit unseren Gebeten und Bitten überflüssig geworden.

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn, wer so denkt, verkennt die Gesetze der Weltgeschichte. Er verkennt, dass zu allen Zeiten  Kräfte des Unfriedens, der Verderbnis und des Unheils am Werk sind. Wer dabei nur die politischen Mächte im Gange sieht, erkennt dieses Treiben nicht in seinem Urgrund.

In der Lesung hörten wir ein denkwürdiges Kapitel aus der sog. Apokalypse. Apokalypse heißt Enthüllung, Offenbarung, Kundgabe. Es ist das letzte Buch der Hl. Schrift, das der hl. Johannes verfasst hat. Er hat darin niedergeschrieben, was Gott ihm in einer Vision zu sehen gab. Es sind die Kämpfe der satanischen Mächte gegen Gott, gegen seine Heiligen, gegen die Kirche und auch gegen die Mutter seines Sohnes. In diese überdimensionalen Kämpfe sind alle Menschen mit einbezogen. Diesen dämonischen Auseinandersetzungen kann sich keiner entziehen.  

Kämpfe haben immer das Ziel, den Gegner zu beseitigen. Kämpfe begnügen sich nicht damit, den Feind zu entmachten, seine Kräfte zu schwächen oder ihn aus dem eigenen Umkreis zu vertreiben. Kämpfe haben immer das Ziel, den Gegner aus dem Dasein zu löschen. Am besten gelingt dies durch Töten. Töten ist endgültig. Töten lässt sich nicht wieder rückgängig machen. Deshalb ist Töten das Wesen aller Kämpfe.

So ist das Töten auch die Hauptstrategie des Gegners Gottes, des Satans. Der Herr nennt in treffend den ,,Menschenmörder von Anbeginn." Das biblische Buch, die Apokalypse, stellt uns sein Morden in furchterregenden Bildern und Schilderungen dar. Meist geht es ihm um die Vernichtung der Körper der Menschen. Das geht am einfachsten. Die unzähligen Morde und Kriege der Weltgeschichte - angefangen vom Brudermord des Kain bis hin zu den gegenwärtigen Bürgerkriegen in aller Welt stehen ohne Zweifel unter der Regie des Satans. Offensichtlich begnügt er sich aber nicht mehr mit der Vernichtung des Leibes. Den Angriff auf die Seelen hat er längst begonnen.

Ein besonders trauriges Merkmal erhält das Töten, wenn es aus religiös-fanatischen Motiven geschieht. Allmählich ist es der Welt bekannt geworden, dass die Christen heute zahlenmäßig am meisten verfolgt und getötet werden. 

So stehen wir, liebe Brüder und Schwestern im Herrn, wieder in einer gefiährlich drohenden Welt. Gewiss, was in Indien oder in Afrika geschieht, bleibt uns in Mitteleuropa erspart. Aber hier bahnt sich etwas anderes an. Es ist nicht ein Kampf des Blutvergießens. Der Satan hat gelernt, den Menschen nicht nur dem Leibe nach zu vernichten, sondern auch der Seele nach. Dabei hat er es auf die Kirche zuerst abgesehen, denn sie ist ihm als göttliche Stiftung besonders ein Dorn im Auge.

Als göttliche Stiftung steht die Kirche naturgemäß im absoluten Gegensatz zu den nie ruhenden Umtrieben des Satans. Ihre Verbundenheit mit Gott, ihr Heil spendendes Wirken, ihr Erwähltsein ftir die himmlische Herrlichkeit sind für ihn unerträglich. Obwohl der Kirche verheißen ist, dass ,,die Pforten der Hölle  nicht überwältigen werden", versucht der Fürst der Hölle, sie ständig zu bedrängen. Das ist die Widersinnigkeit des Bösen, dass er gegen göttliche Verheißungen und Entschlüsse ständig aussichtslos opponieren muss.

Dabei erweist er sich dennoch als der geniale Organisator  der Bosheit. Er weiß genau, zu welchen Zeiten er welche Waffen einsetzen muss, um die Menschen gegen Gott angehen zu lassen. So hat  er offensichtlich unseren Kontinent, der bisher als Mutterland des Christentums galt, ausgesucht, um die Menschen von Gott abzubringen. Nicht die blutige Vernichtung des Leibes, sondern die Verderbnis der Seele ist dabei seine Strategie.  

Er benutzt dazu die dem Menschen eigenen Kräfte und Triebe. Die Triebe sind von Gott geschaffen und eingerichtet. Durch den Sündenfall sind sie aber besonders gefährdet, außer Kontrolle zu geraten. Der Gegner Gottes versteht es in unserer Zeit, die geschlechtlichen Triebkräfte des Menschen zur allgegenwärtigen Hauptsache im gesellschaftlichen Leben zu machen. Er lässt sie gleichsam explodieren und vor allem pervertieren, d.h. ins Gegenteil, ins Widernatürliche verkehren. Niemals in der Menschheitsgeschichte trat das Geschlechtliche so in den Vordergrund wie heute. Man spricht von unserer Zeit als dem Zeitalter des „entschämten, perversen Sexualismus.“ Ein dies betreffendes jüngst erschienenes Buch trägt auch den Titel „Die globale (= weltumgreifende) sexuelle Revolution.“

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn, nie hätten wir gedacht, dass diese sexuelle Perversität auch in der Kirche Fuß fassen könnte. Früher - und schon gar in unseren heimatlichen Gegenden, in denen das gesellschaftliche Leben redlich und weitgehend geordnet vor sich ging, - früher waren uns solche Dinge unbekannt. Umso erschütterter hören wir von den unmoralischen Vorkommnissen, die heute nicht nur in Familien, Schulinternaten  und Sportverbänden, sondern auch in der Kirche, - gott sei es geklagt – sogar von Bischöfen, Priestern und Ordensleuten verübt wurden. An ihnen ist das Treiben des Satans besonders offensichtlich. Bei solchen kann er am meisten Schaden anrichten. Er kann nicht nur die Seelen der einzelnen Täter ins Verderben stürzen, sondern auch die, die durch sie das Vertrauen zur Kirche verloren haben. Solches geschah nicht nur irgendwo in der Ferne, sondern geschieht auch in unserer unmittelbaren Umgebung in Deutschland. Diese Geschehnisse gehören auch nicht der Vergangenheit an, sondern sind leider immer noch im Gange. Ja, man kann den titel eines berühmten Films der Nachkriegszeit auf sie anwenden: „Die Täter sind unter uns.“ Es scheint, dass die kirchlichen Obrigkeiten davon zwar wissen, aber diesem Treiben gegenüber machtlos sind, es schamhaft verschweigen und dulden, um das Ansehen der Kirche zu retten. Man gebraucht dafür den bekannten bildlichen Vergleich, nämlich: man „kehrt es unter den Teppich.“ Die solches tun und dulden, machen sich ebenso schuldig wie die sündigen Täter.

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn, wir singen mit Vorliebe auf unserer Quinauer Wallfahrt das Marienlied „Rosenkranz-königin, Mutter, du reine…“ (Es steht in unserem Wallfahrtsheft unter der Nr. 22. Bedauerlich ist, dass in der Neuausgabe des „Gotteslob“ diese Strophe nicht  enthalten ist).

„Mutter, du reine!“ Nie hat uns diese Eigenschaft der Gottesmutter mehr zu sagen als heute. Sie steht im Zusammenhang mit dem Wort des Herrn aus der Bergpredigt: „Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“  In einer Zeit, in der der Satan seinen Schmutzkübel über die Menschheit auskippt, ist die Gottesmutter die mächtige Kirchenreinigerin. Sie tut es nicht mit Besen und Wischlappen. Sie macht es radikaler. Sie zertritt dem großen Verunreiniger den Kopf, wie es die Hl. Schrift im Bild beschreibt. Darum müssen wir sie auf unserer Wallfahrt ganz besonders anrufen und bitten, dass sie uns vom Schmutz unserer Umwelt reinigt und ferneerhin bewahrt. Darum gilt nach wie vor : „Maria, hilf uns allen aus unsrer tiefen Not.“ Amen.