Strahn 

1361 - heute

(Stranna)

Frau Regina Klemm, Tochter von Erich John aus Strahn hat uns den  Ort Strahn an der Eger ausführlich beschrieben. Die Erzählung von ihrer Familie im zweiten Teil dieses Berichtes zeigt das Leben in Strahn, dokumentiert durch Fotos. Der Heimatkreis Komotau dankt Ihnen, werte Frau Klemm, für Ihre hervorragende Arbeit im Dienste unserer Heimat.

Zirka 15 km von Komotau entfernt liegt der kleine Ort Strahn im Egertal, im südöstlichsten und am tiefsten gelegenen Teil des Kreises (221 m) und umfasst eine Gemeindefläche von 239 Hektar. Es wird durch das hohe Nordufer der Eger klimatisch besonders bevorzugt, dass man dieses Gebiet als die Riviera der Eger bezeichnen kann.

Die Lage an der Eger prägte den Ort über Jahrhunderte (Katastrophe Altstrahn 1820). Bei Modererde-Abgrabungen fand man Gefäße und andere Gegenstände aus der frühesten Bronzezeit ( Aunjetitzer Kultur 1500-2100 v.Christi ) und aus späteren Kulturepochen. Die Funde befinden sich in den Museen von Komotau, Teplitz und Prag.

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Die Eger bei Strahn

Das bäuerliche Dorf hatte im Laufe der Zeit verschiedene Besitzer, unter anderem ab 1687 die Reichsgrafen von Martiniz auf Hagensdorf.

Bereits im 12. Jahrhundert hatte Strahn eine Kirche. Genannt wird Pfarrer Vitus, der 1361 starb. Schon 1590 wurde je 1 Glocke von den beiden Glockengießermeistern Hans Wieldt und Hans Zink aus St. Joachimsthal gegossen. Die letzte Kirche zur hl. Dreifaltigkeit wurde am 15. Oktober 1843 feierlich eingeweiht.

1662 erhielt Strahn eine eigene Pfarrei, nachdem der Ort bis dahin zur Filiale Priesen gehörte. Zum Pfarrbezirk Strahn zählten die eingepfarrten Nachbarorte: Holletitz, Spielhübl, Pröhlig, Witschitz, zeitweise auch Tenetitz. Auch den Friedhof teilte man sich mit den Nachbarorten.

Ebenso früh hatte Strahn eine Schule. Zeugnis ist ein Stein, der aus den Trümmern der alten Kirche geborgen wurde und folgende Inschrift trägt: " Ursula Juchlin, Schulmeisterin liegt hier begraben mit 7 Kindern – Ruhet A 1598 – hodie mihi cras tibi". Der Stein wurde in der neuen Friedhofsmauer eingefügt.

 

Nach der großen Erdrutsch-Katastrophe im Jahre 1820 in Strahn und Neustrahn wieder aufgebaut wurde, ließ Gräfin Firmian 1823 ein neues Schulhaus bauen, welches 1894 zur Lehrerwohnung umgebaut wurde. 1891 wurde Franz Flamm Oberlehrer, unter ihm wurde das neue Schulhaus mit 2 Klassen erbaut. Es war die modernste Landschule im ganzen Bezirk Komotau.

Strahn erreichte man über die Straßenverbindung Priesen, Spielhübl Foto 3 und Witschitz, (siehe Foto unten) und aus Richtung Tenetitz- Holletitz.

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Wer in Strahn gewohnt hat ….

Die Statistik besagt: Am 1.12.1930 insgesamt 105 Einwohner, nur Deutsche, katholischen Glaubens in 22 Häusern.

Kommt man aus Richtung Priesen über Witschitz nach Strahn, dann sieht man auf der rechten Seite sofort ein großes Rittergut, ehemals das Gut Hollup. Nun geht es weiter in Richtung des Ortes, nach links abbiegend (rechts kommt man zur Eger).

Beginnen wir auf der rechten Seite der Dorfstraße mit den Häusern und ihren Bewohnern: Pleinert, Kühnl, Meder, Klein, John, Voit Florian, Klietsch, Lehrer Höfer mit der Schule, der Friedhof am Ende der Straße vor dem Hang.

An der linken Straßenseite befinden sich die Gebäude der Familien Fischer, Müller, Göhler, Klemm, Kuntz, Illing/Richter mit dem Kaufladen, die Kirche, Tschochner, Voit Hermann, die Pfarrei, Proll.

Auf der Seite in Richtung Holletitz/Tenetitz stehen die Häuser der Familien: Gerner, Sacher, Reider und Stütz.

Für die Bahnverbindungen nach Komotau und anderen Orten war Priesen die nächst größere Bahnstation. Ebenso befand sich in Priesen die Poststation.

Die Postzustellung erfolgte täglich durch den Briefträger.

Über die wasserreiche Eger gelangte man oberhalb des Wehres mit einer Privatfähre auf die andere Seite des Flusses in den Bezirk Saaz.

 Eger mit Wehr

Die Einwohner von Strahn lebten größtenteils von der Landwirtschaft. Die Ernten waren infolge des guten Bodens ertragreich, aber wegen dem hügeligen Gelände beschwerlich und mühsam einzubringen. Aber auch Obst, vor allem gute Birnen, und Hopfen wurden angebaut.

Von der Eger in Richtung Strahn

 

Die Wiesen an der Eger ergaben gutes Futter für die Viehzucht. Insbesondere wurden Schweine, Schafe; Ziegen, Enten und vor allem Gänse gehalten.

Die Eger lieferte den Fischern Aale, Karpfen, Hechte und Weißfische. Den Jungen und Mädchen und den Besuchern, die bis von Komotau kamen, bescherte sie unvergessene Badefreuden in lieblicher Natur.

Strahner Madl im Kahn auf der Eger:

Tschochner Marianne, Ulbert Marianne,

Voit Gerti.

Regina Klemm, Tochter von Erich John aus Strahn erzählt:

In Erinnerung an meinen Vater, meine Großeltern und deren Angehörigen, schreibe ich nieder, was wir Kinder, hier in Sachsen geboren, von ihnen gehört haben:

Nach der Vertreibung 1946 aus dem geliebten Heimatland fanden mein Vater, seine Eltern und Schwester mit Familie in Sachsen eine neue Heimat, aber ihre alte Heimat im Sudetenland konnten sie nie vergessen und erzählten uns fortwährend davon.

Von ihrer Kindheit und Jugend in Strahn. Der eigenen Landwirtschaft, dem Hof und den Tieren und der neuen Scheune, die sie gebaut haben. Oma Valentine (Tini) besorgte tagsüber die Landwirtschaft und Opa, der Schlosser in den Mannesmannwerken in Komotau war, arbeitete an den Abenden und am Wochenende auf dem Hof und den Felden.

Großvater und Cousin Albert aus Saaz im Hopfen 

Sonntags war Kirchgang angesagt und Besuche bei den Verwandten, oder es kam Besuch. Dafür nahm man lange Fußmärsche in Kauf. Der Weg führte dann meistens über den Berg an der "Popel" entlang, zum Beispiel nach Holletitz, wo die Schwester meines Vaters, Rosl Hönnl im Bahnwärterhäusel wohnte.

 

Die Männer gingen gerne nach Spielhübl ins Gasthaus zum Kartenspielen (Torrak und Schafkopfn). Spielhübl war ein bekannter Ausflugsort.

Die Kinder und so auch mein Vater besuchten die Dorfschule in Strahn, danach wechselten die meisten Kinder in die Hauptschule und Bürgerschule nach Komotau. 

Auf dem Foto untere Reihe ganz links. 

Erinnerungsfoto von

Frau Lehrerin Margarte Pepperl.

Mein Vater obere Reihe, Zweiter von links. Im Anschluß daran erlernte er in den Mannesmannwerken den Beruf des Industriekaufmanns.

Nach der Schule mussten die Kinder bei der Arbeit helfen, meistens war es das Hüten von Kühen und Gänsen an der Eger. Die Kühe wurden hier getränkt und im Sommer badeten und erfrischten sich alle gemeinsam in der Eger. So mancher Unfug wurde beim Spielen dabei getrieben.

Walter John beim Kühe hüten

im Oktober 1940

(gefallen 1944)

Das Hüten der Tiere war meist Aufgabe der Kinder, wenn sie von der Schule kamen.

Viele solcher Begebenheiten vom Dorf Strahn bleiben mir im Gedächtnis. Dazu gehören die Sagen um das Dörfchen Strahn:

Die Sage vom verirrten Wanderer

Die Sage von der hilfreichen Egernixe

Die Sage vom Madonnenbild

Vom Strahner Feldkreuz – eine wahre Begebenheit

Vor allem erinnere ich mich an das schmackhafte böhmische Essen, welches Oma Tini täglich für unsere Familie in Probsthain/Sachsen zubereitete: Es gab alle Tage eine Vorsuppe. Manche Gerichte schmeckten uns Kindern besonders, wie beispielsweise: Stopperle, Talgen mit Apfelmus, Stuwanken oder Getzen mit Erdbeersoße, Saure Flecken mit gekochten Eiern, neue Kartoffeln mit Reibekäse, Hasenbraten mit Schmettensoße, Knoblauchsoße und gekochtes Fleisch usw.

Besuch von Erich John in seinem Strahn mit Familie im Jahre 1996.

Gegenüber der Kirche war sein elterliches Haus.

 Kirche in Strahn

Vertieft wurden diese Erinnerungen durch die Fahrten in die alte Heimat. Nach der Grenzöffnung verging kein Jahr, in welchem mein Vater nicht in die alte Heimat fuhr. Meistens waren wir Kinder mit dabei, um uns die Dinge zu zeigen und erklären zu lassen. In der Komotauer Heimatzeitung 7/92 schrieb er: Im vergangenen Jahr besuchte ich, wie jedes Jahr meine alte Heimat. Zum ersten Mal nach meiner Vertreibung 1945 konnte ich unsere Kirche durch die zertrümmerte Tür der Sakristei von innen besehen. Mir bot sich ein katastrophaler Anblick. Sämtliche Bilder vom Altar und Wänden gerissen. Die Sakristei, wo ich als Ministrant jeden Tag meine Ministrantenkleidung aus den Truhen nahm, war vollkommen verwüstet.

Als ich die Kirche verlassen wollte, hörte ich draußen Stimmen, die sich deutsch unterhielten. Es war ein älterer Herr und ein junges Paar. Ins Gespräch gekommen, sagte mir der ältere Herr: " In dem Schulhaus da oben bin ich geboren". Da erkannte ich den Herrn wieder. Es war der Sohn meines ehemaligen Lehrers in Strahn, Herr Anton Lorenz, jetzt wohnhaft in Heidelberg".

Im Gedenken an meinen Vater, der Oktober 1997 verstorben ist und von Juni 1992 bis zu seinem Tode Ortsbetreuer für Strahn und Witschitz war.

 

Regina Klemm (geborene John)

Steinbruchstraße 2, 04838 Wildschütz

Tel. 034244 /51281, E-Mail: reginaklemm@web.de

LInk: Die Katastrophe von Strahn

Einwohner 1939: 94

Ortsbetreuerin:

Gertrud Frieß  

Im Rehwinkel 1

63322 Rödermark

Tel. 06074-97209