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Weihnacht in Malkau

Kö-Neo
Weihnacht in Malkau
von Irma Holley
aus der Malkauer Chronik,
Archiv Heimatstube

Zur Weihnachtszeit wünschten wir uns
Frost und Schnee.
Zur Zeit unserer Großeitern lebten die mei-
sten Familien - auch in Malkau - recht
bescheiden. Man verbrauchte in erster
Linie, was man auf dem eigenen Hof bau-
te und was der Stall her gab. Im Frühling
waren es Zicklein zum Schlachten, im Win-
ter ein Schwein. Während des Jahres konn-
te man einmal eine Henne, Brathähnchen.
einmal junge Tauben, ein andermal viel-
leicht auch einen Hasen auf den Tisch
bringen. Es gab viel weniger Fleisch als
heute. Was man an Fleisch hatte, wurde
gut eingeteilt.
Der bescheiden aufgezogene Mensch ist
dankbarer, als der verwöhnte. Einen Ball
und eine bescheidene Puppe, einige Tiere
für einen Bauemhol zum spielen, oder
einige Töpflein mit einem kleinen blecher-
nen Ofen für die Puppenstube waren eine
Kostbarkeit.
Beim Basteln einer Puppenstube - Vater
machte sie an den langen Abenden selbst
- legte der Bastler seine ganze Liebe zum
Kind und sein ganzes Können hinein. Es
war ein großes Heimlichtun. Erst das Aus-
tapezieren der Wände mit kleingeblümel-
tem Papier war für Bauemfinger eine pe-
nible Arbeit.
Das Hauptgeschenk für Vater in unseren
Mädchenkreisen war fast alljährlich der
seibstgehäkelte Tebaksbeutel aus grüner
Baumwolle. Die Väter hätten damit hau-
sieren gehen können, hätten sie nicht im-
mer wieder einen von der Sorte verloren.
Kurzum, es war nicht leicht mit wenig Geld
und ziemlich wenig Freizeit jedem Famili-
enmitgied etwas zu basteln, zu stricken.
zu häkeln. Man mußte auch wissen. was
dem andern nötig war,denn nur Unnützes
wäre auch nicht des Richtige gewesen, es
seien denn Bücher. Bücher schenkten und
wünschten wir als Heranwachsende. Die
Bücher wurden neben den Hunden ursere
besten Freunde. Vater brauchte kein Buch
zum Lesen, nur Tages- und Nachtzeitungen.
Sein Hunger wurde erst durch die Politik
der Zeit nach 1935 geweckt. Dann wurde
Geschichte verschlungen. Es war großer
Nachholbedarf.
So sparte man auf einen Band von Paul
Keller für Mutter; die Schwester wieder
hatte durch Wochen ihre tägliche Mark
fürs Suppenessen in der Stadt gespart, um
mir ein Bändchen Elchendorff - Gedichte
zu kaufen. Langsam kam ein Buch zum
anderen. Zum Schluß wurden Bücher bei
allen Geschwistem am meisten gewünscht.
Nur keine langen Unterhosen mehr! Das
waren überholte Geschenke.
Durch die Schnittwarenhändierinnen und
Hausiererinnen mit ihren schwarzen Kästen
kamen auch immer noch Geschenklein
dazu. Einmal ein bunter Pullover, ein an-
dermal ein Paar schöne Fäustlinge. Später
da mußte auch jedes Mädchen etwas für
die Aussteuer unterm Christbaum haben.
Das mußte 1a sein, auch wenn es die Mad-
chen nur naserümpfend annehmen. Sie
nahmen es doch und legten es stolz in die
Ausstattungstruhe.
Eine ganze Gruppe gieichaltriger Mädchen
saß im ersten Stock unseres Hauses. immer
stichelnd an Weihnachtsarbeiten. aber
immer auch lausohend, ob niemand die
Treppe hinaufkame. Einmal waren zu plötz-
lich Schritte knapp vor der Bürotür. Die
Handarbeiten flogen in Papierkörbe und
unter den Schreibtisch: Wir mimten plän-
kelnd harmlose Gespräche. Bei dem Ver-
stecken hatten wir ums Haar die eine
Stehlampe vom Tisch gerissen. Die Strick-
nadel hatte die Lampenschnur erfasst.
Kaum war der Störenfried wieder fort, ging
es weiter im Arbeiten, die erwärmte Luft
tanzte über dem Sägespänofen. Die Schwe-
ster nahm ihre Zither und übte "Stille Nacht"
und nachher "Ihr Kinderlein, kommet".
Während sich jeder mühte. besonders
Marie mit den richtigen Begleitakkorden,
fielen draußen die ersten Flocken. Sie
tanzten den Erlen am Bach um die Wette
und hin über die Grundwiese. Jetzt war die
Freude voll. Weihnachten in Schnee!
Die Tannenbäume holten sich oft die Mal-
kauer aus den nahen Wäldern. Weil der
Vater als Holzhändler manchem Schacht-
direktor und Angestellten mit einem schönen
Christbaum eine Freude machen wollte,
konnten wir uns unter vielen einen auswäh-
len. Groß mußte er auf alle Fälle sein und
Gebackenes und Schokoladestückchen
mußten dranhangen. Von bloßen Glaskugeln
und Lametta hielten wir nicht viel.
Das Anputzen des Tannenbaumes war
Angelegenheit von Vater und den größeren
Kindern. Die Kleinen sollten den Baum erst
im vollen Lichterglanz sehen.
Förderverein Mittleres Erzgebirge Komotauer Land e. V.
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